Ein Blick in eine gefährdete Institution

Ich erzähle ja gerne, daß ich in meiner „Karriere“ als Wikipedia-Autorin mehr Bibliotheken und Archive von innen gesehen und aktiv genutzt habe, als während meines lange zurückliegenden Studiums. Eine wichtige Anlaufstelle in Köln ist dabei stets die Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln (KMB). Ob die hochgeschätzte, inzwischen pensionierte Mitarbeiterin Gesina Kronenburg mir bei der Recherche nach dem „verschollenen“ Kunsthistoriker Paul Müller-Walde wertvolle Hinweise gab oder der Artikel zu Josef Haubrich im Lesesaal den letzten Schliff bekam: es ist immer ein Vergnügen, die opulenten Bestände zu nutzen. Und ich bin wohl nicht die einzige, die das findet: im letzten Jahr wurden 10% mehr Nutzer gezählt als im Vorjahr.

Dies alles war für mich einer der Gründe, im Sommer spontan in den Förderverein „Freunde der Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln“ einzutreten, als bekannt wurde, daß die Institution auf der Sparliste der Stadt Köln steht und von der Schließung bedroht ist. Wir haben nun die paradoxe Situation, daß einerseits ein Neubau des zerstörten Historischen Archivs zusammen mit der KMB geplant wird, andererseits die Institution dem Sparzwang „geopfert“ werden soll – und damit natürlich auch der Gedanke der Doppel-Institution im Neubau obsolet wird.

Eingang zur KMB // © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0

Heute war nun die jährliche Mitgliederversammlung des Fördervereins, wo ich mich als Jung-Mitglied zunächst mal „enthaltsam“ bei den Abstimmungen verhielt, aber sonst spannende Einblicke gewinnen konnte. Eine dicke Pressemappe zeigte das riesige Presse-Echo, das die Schließungsankündigung auch in der überregionalen Presse hervorgerufen hatte. Fast noch dicker der Stapel Briefe internationaler Institutionen, die die Bücherei regelmäßig für ihre Arbeit nutzen und gegen die Schließung protestierten. In wenigen Wochen wurden über 12.000 Unterschriften gegen die Schließung gesammelt (davon nur 1500 über die Online-Petition, das finde ich echt mager! Wo seid Ihr alle?). Hinzu kommen kreative, nicht-institutionelle Aktionen wie der Kölner Bücherschwarm von Kölner Nachwuchswissenschaftlern.

Mitglieder und Vorstand zeigten sich heute abend durchaus kämpferisch und „kampagnentauglich“, wenn auch deutlich wurde, daß eine städtische Institution wie die KMB in ihrem Handeln unangenehm unflexibel an städtische Verwaltungsprozesse gefesselt ist.

Am 21. September berät der Stadtrat zum ersten Mal über den neuen Haushalt, und am 7. Oktober wird entschieden. Alles offen: vielleicht alles nur ein „lustiger“ Sommerloch-Versuchsballon des Kölner Kulturdezernenten – vielleicht aber auch bitterer Ernst.

Bis dahin freuen sich die „Freunde“ der KMB über jeden Leserbrief, und jede weitere Unterschrift unter ihre Petition: Hier nochmal der Link: KMB erhalten – Petition unterschreiben!

(elya)

5 Kommentare

  1. Erst nachdem ich den Mangel an (guten) Bibliotheken erlebt habe, habe ich sch??tzen gelernt, wie wundervoll (trotz vieler Schattenseiten) die deutsche Bibliothekslandschaft ist. Bildung wird von jeder Seite her ständig gepredigt, dabei wird aber vergessen, das dazu auch eine gute Infrastruktur, also gute Bibliotheken, gehören. Aber die wurden in den letzten zehn Jahren kontinuierlich weggespart und teilweise durch „Bücherbusse“ ersetzt (…). Nunja.

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  2. Unterschrieben. Und siehe an – Frau Elya kokketiert immer nur damit, keine Akademikerin zu sein ;)

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  3. @Marcus, jaja, zuerst wollte ich ja „lange zurückliegender, kl??glich abgebrochener Studiumsversuch??? schreiben, aber das war mir dann zu sehr kokettiert ;-)

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